Manchmal wird einem die unverblümte Wahrheit einfach so um die Ohren geschmettert: „Rechnen Sie, dass es Krebs ist, so würden wir Sie ja nicht operieren.“ Das hat mir der visitierende Arzt am Vorabend meiner Operation eröffnet.
Krebs oder nicht? Gewissheit schaffen
Nun sollte es mich ja nicht wirklich umhauen, schließlich weiß ich schon ein halbes Jahr, dass die Chance, dass ich Nierenkrebs habe, durchaus da ist. Die ärztlichen Einschätzungen waren unterschiedlich: Irgendwo zwischen 95:5 für Krebs über 80:20, 50:50 bis zu 20:80. Am ehrlichsten war da wohl die „50:50“-Schätzung: Entweder ich habe Krebs – oder auch nicht.
Der Vorteil ist: Selbst, wenn es Krebs ist, sollte es mit einer Entfernung eines kleinen Teils der Niere erledigt sein. Keine Chemotherapie, keine Bestrahlung. Einfach erledigt: Gerhard gegen Krebs 1:0. Keine Wiederholung, keine Revanche.
Ein paar Tage nach der OP weiß ich das endgültig.
Das schwarze Loch
Trotzdem zehrt die Situation gewaltig an den Nerven. Das letzte halbe, dreiviertel Jahr mit ständig neuen Erkrankungen hat Spuren hinterlassen. Nicht nur am Körper, sondern auch an der Seele. Die letzte Vollnarkose bei der Bandscheiben-OP hat mich seltsam berührt. Ich kann mich überhaupt nicht erinnern, da waren keine Träume, da ist keine Zeit vergangen, da war nur ein tiefes, schwarzes Loch. Auch wenn mir mein Glaube sonst immer sehr geholfen hat, so frage ich mich doch: Was ist, wenn ich falsch liege? Wenn nach dem Tod einfach nur ein großes schwarzes Loch wartet? Wenn ich einfach aufhöre zu existieren?
Das ist etwas, was ich mir schon immer schwer vorstellen konnte. Vor der Geburt war ich einfach nicht da (oder kann mich nicht erinnern). Was ist nach dem Tod? Wie ist es, nicht zu existieren? Wie ist es, gar nicht mehr zu sein, zu denken, zu fühlen? Ist es schlimmer als die endlose Ewigkeit? Wenn jeden Tag dasselbe ist, wenn die Endlosigkeit ewig nicht aufhört? Treibt einen nicht gerade genau das in den Wahnsinn?
Licht oder Dunkelheit?
Natürlich gibt es da auch die Nahtod-Erlebnisse, das gleißend helle, warme Licht, das einen empfängt, umfängt, in unglaublichem Glücksgefühl trägt. Für viele mit Gott (welchem auch immer) im Zentrum dieses Lichts.
Wendepunkt
Was auch immer es ist, ich bin noch nicht bereit. Es gibt noch viel zu erleben, noch viel zu schaffen, eine Spur in dieser Welt zu hinterlassen, die vielleicht andere Menschen glücklich macht und an mich denken lässt. Ich will das erreichen.
Mit all den Erlebnissen des letzten halben Jahres weiß ich: Es gibt so viel Unnötiges im Leben, Sachen oder Menschen, die mich belasten. Schuldgefühle, Versagensängste, Pflichterfüllung. Gefühle, die mich daran hindern, ich selbst zu sein. Damit muss Schluss sein. Denn es gibt auch Familie und enge Freunde, die mir zum wahren Glück im Leben verhelfen, mit denen Zeit zu verbringen mir ein Vorgefühl des Himmels gibt. Es gibt so viel zu erleben, soviel zu machen, was mir einfach Spaß macht, wenn ich mir Zeit dafür nehme und all die negativen Gefühle, Erlebnisse und scheinbare Pflichten nicht an mich heranlasse. Für mich ist 2020 ein Wendepunkt. Mit etwas Glück zu einem besseren Leben, einem Leben, in dem ich ich selbst sein darf und mir das Recht dazu nehme. Ich freue mich schon jetzt darauf!
Los geht´s!
Jetzt heißt es mal die morgige OP überstehen. Drückt mir bitte die Daumen, ich kann´s brauchen! Und dann beginnt ein völlig neues Leben…
lieber gerhard,
du bist so ein wertvoller und wunderbarer mensch, wir alle brauchen dich noch mindestens die nächsten 110 jahre.
ich drücke dir in gedanken alle daumen dieser welt.
bis bald auf ein glaserl sekt auf dein neues leben.
sei umarmt, sigrid
Ich wünsche Ihnen alles Gute! Ich hatte vor ein paar Wochen eine ähnliche Erfahrung, nur wusste ich schon vor der OP, dass es ein Tumor war (und nachher dann, dass man ihn rechtzeitig erkannt und entfernt hat).
Erholen Sie sich gut, und wenn es im Krankenhaus einen psychologischen Beratungsdienst gibt, würde ich den wärmstens empfehlen. Freunde und Familie sind wunderbar, aber mit jemandem sprechen zu können, der/die mit Krebs und Krebspatient*innen Erfahrung hat, und auch Ängste ansprechen zu können, die man vielleicht nahestehenden Menschen gar nicht zumuten möchte, hilft wirklich viel.
Ich denk mir nach wie vor, mit der eigenen Mortalität muss ich früher oder später zurechtkommen, bereit bin ich noch nicht dafür, aber dass andere mit meiner Mortalität eventuell schon früher eher als später zurechtkommen müssen, schmerzt mich auf unerwartete Weise ganz tief. Alles Gute!
Sie haben eine harte Zeit erlebt. Ich wünsche Ihnen , dass sie bald neu und noch besser durchstarten können und alles gut vorbei geht !
Herzliche Grüße Gabriele Gartner
Ich wünsche Ihnen von ganzem Herzen viel Kraft und alles Gute zur OP. Ich wünsche Ihnen auch, dass Gott Sie stärkt, Hoffnung gibt, Ihnen mit Gnade und Barmherzigkeit zur Seite steht.
Vertrauen Sie auf Gott, teilen Sie ihm Ihre Ängste und Sorgen mit, er hört Sie und verlässt Sie nicht.
“Ich bin bei euch, an alle Tagen des Lebens bis ans Ende der Zeit. ”
Und für irgendwann: Es gibt ein Leben nach dem Tod bei Gott!
Wir konnten uns im Mutterleib auch nicht ein anderes Leben vorstellen und es ist so geplant, dass wir diese Zeit vergessen, um hier auf Erden zu sein und zu reifen. In der neuen Welt Gottes warten andere Geschehnisse auf uns…..
Ich bete für Sie!
Alles Liebe und Gute für die Operation!
Dagmar Z.