Der trimediale Newsroom
Erörtern Sie Vor-bzw. Nachteile eines trimedialen Newsrooms unter besonderer Berücksichtigung des umfassenden Informationsauftrages eines öffentlich-rechtlichen Senders.
Der „trimediale Newsroom“ wird gerne als das neue Rennomierprojekt der „Ära Wrabetz“ im ORF verkauft. Dabei geht es darum, alle News-Zweige des ORF auch physisch an einem Ort zusammenzuführen. Bei der Vorstellung des trimedialen Newsrooms spricht Wrabetz etwa von einer Vernetzung via „Newsdesk“ und „Social Media Desk“. Was aber steckt wirklich dahinter?
In sachlicher Hinsicht spricht auf den ersten Blick viel für eine derartige Zusammenführung. Es scheint nicht einzusehen zu sein, warum verschiedenste Redaktionen parallel an denselben Stories arbeiten, dieselben Geschichten recherchieren dieselben Themen aufbereiten. Legendär sind etwa Pressekonferenzen, in denen der ORF mit ZiB-Redaktionen aus ORF1, ORF2, dem ORF-Report, Ö1 und Ö3 vertreten war. Für weniger sachkundige Beobachter galt es dabei oft schon als Verschwendung, wenn ein Team mit Kameramann, Tontechniker und Redakteur vertreten war. Hochgerechnet auf eine entsprechende Anzahl von Redaktionen kam es da schon vor, dass der ORF im guten zweistelligen Bereich aufmarschierte.
Die Frage, die gestellt wurde, klang logisch: Warum sollen drei unterschiedliche Redaktionen an derselben Story arbeiten? Könnte nicht wenigstens die Aufnahme von einem einzigen Team erledigt werden? Und, wenn man nach manchem Privatsender geht: Kann das nicht ein einziger Redakteur?
Das Konzept des multimedialen Newsrooms ist keineswegs neu. Wolfgang Fellner hat seine Zeitungsgründung „Österreich“ mit einem multimedialen Newsroom versehen, wie er selbst dagt „dem ersten multimedialen Newsroom Österreichs für Print, Online, Radio und TV“. Gerne sieht er sich hier als Vorreiter der Idee, auch wenn völlig zu Recht hinterfragt werden muss, ob einzelne Videoclips, die auf einer Homepage eingebunden werden, gleich als „Fernsehen“ gelten. Finanziell hat es sich für ihn ausgezahlt: Neben der Mehrfach-Nutzung produzierter Inhalte hat er satte 206.000 Euro Forschungsförderung bekommen – Geld, das das finanziell klamme Zeitungsprojekt dringend brauchen konnte.
Freilich wirkt sich der „multimedial Newsroom“ Fellners nicht unbedingt positiv auf die Qualität der produzierten Inhalte aus: Während sich andere Online-Medien gerne Inhalte von der APA schreiben lassen, kopiert Fellner seine Themen aus der deutschen „BILD“-Zeitung, fällt durch unredigierte Artikel auf und schert sich nicht um moralische Aspekte seiner journalistischen Tätigkeit („Begräbnisticker“).
Gerade hier muss der ORF als öffentlichrechtlicher Sender aber andere Ansprüche haben: Der öffentlichrechtliche Mehrwert, dem die „public value“ Diskussion nicht annähernd gerecht wird, kann in einem „Fellnerschen“ Modell schwer erzielt werden.
Ein weiterer Punkt ist das Schlagwort des externen und internen Pluralismus: Es geht nach der „reinen Lehre“ nicht nur darum, die mediale Vielfalt durch eine Summe an Medienhäusern aufrecht zu erhalten, sondern auch die Vielfalt innerhalb des Unternehmens aufrecht zu erhalten. Dieser „interne Pluralismus“ freilich ist durch die Idee des trimedialen Newsrooms massiv gefährdet. Zwar gelobt Wrabetz die Aufrechterhaltung des pluralistischen Gedankens. Doch die materielle Aufstellung des Newsrooms läuft dem diametral zuwider.
Worum geht es wirklich beim „trimedialen Newsroom“?
Am Anfang stand die Diskussion um den ORF-Standort. Der Wiener Bürgermeister Michael Häupl hatte das „Mediaquarter St. Marx“ unter Einbeziehung des ORF geplant – und war sich der Unterstützung der SPÖ-dominierten Gremien des ORF sicher. Um eine derart umfassende Übersiedlung zu rechtfertigen, wurde der Umzug aller ORF-Standorte an einen Punkt vorgeschlagen. Damit war die „Büchse der Pandora“ geöffnet. Die Verwertung des ORF-Standorts am Küniglberg zur Finanzierung des neuen Standorts scheiterte vor allem an denkmalschutzrechtlichen Fragen und am katastrophalen baulichen Zustand am Küniglberg. Die teure Sanierung des ORF-Zentrums in Hietzing musste aber auch finanziert werden – und dazu wurde schließlich die Zusammenlegung der ORF-Standorte herangezogen, nur halt nicht in St. Marx, sondern in Hietzing.
Und genau diese Verknappung der finanziellen Ressourcen lassen für die ORF-Führung den trimedialen Newsroom so wünschenswert erscheinen. Denn letztendlich wird eine derartige Zusammenführung über kurz oder lang auch eine Reduktion der Ressourcen in personeller Hinsicht und bei der Infrastruktur ermöglichen.
Freilich wird hier der Einwand kommen, dass eine derartige Verknappung keineswegs im öffentlichrechtlichen Interesse sein kann, dass der öffentlichrechtliche Auftrag das nicht zulassen würde. Denn der öffentlichrechtliche Auftrag würde einen umfassenden innermedialen Pluralismus vorsehen. Freilich ist dieser innere Pluralismus nirgends mit der nötigen Präzision definiert.
Dass am trimedialen Newsroom aus Gründen der Kosteneffizienz kein Weg vorbeiführt, scheint klar. Aufgabe der Verantwortungsträger wird es aber sein, dafür zu sorgen, dass daraus kein „Fellnersches Boulevardkonstrukt“ wird, sondern innerer Pluralismus, Vielfalt, Unabhängigkeit und Objektivität durch ausreichend präzise und rechtlich verbindliche Vorschriften den öffentlichrechlichen Charakter des ORF erhält.
Diese Ausarbeitung ist die Beantwortung einer Prüfungsfrage an der Donau-Universität Krems / Politische Kommunikation bei Prof. Plaikner und Prof. Filzmaier.